Zeitlofs/Hammelburg/Gemünden/Lohr
Vier Wochen war im Ev.-Luth. Dekanat Lohr eine Wanderausstellung zu sehen, die sich mit 1700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland befasste. 20 Schautafeln zeigten das Auf und Ab jüdischen Lebens, oft als Spielball der wechselnden Herrscher. Die traurige Rolle der Kirche wurde nicht ausgespart, antijüdische Klischees kritisch beleuchtet, aber auch das UNESCO-Welterbe der SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz dargestellt. Aufklärung und Emanzipation bekamen mit interessanten Persönlichkeiten wie dem ersten jüdischen Richter Gabriel Riesser und der ersten jüdischen Medizinprofessorin Rahel Hirsch Gesichter. Erschüttert wurden manche vom Grauen des Holocausts und den ständig aufflammenden Bedrohungen und Vertreibungen.
In Hammelburg (Dekanatsregion Ost) erreichte die Wanderausstellung Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft und wurde von Pfarrer Robert Augustin auch während einer Kirchenvorstandssitzung thematisch aufgegriffen. Frau Elisabeth Assmann, zweite Hammelburger Bürgermeisterin, zeigte sich sehr interessiert und berührt von der Ausstellung. In Gemünden (Region Mitte) und Zeitlofs fielen die Vorstellungsgottesdienste in den Gemeinden in den Ausstellungszeitraum. Mehr als zwanzig Personen folgten der Einladung Pfarrer Thomas Schweizers zum kurzen Einführungsvortrag. Hier und in Zeitlofs stießen auch die Synagogengedenkbände auf reges Interesse, in welchen die regionalen jüdischen Spuren detailliert verzeichnet sind.
In Zeitlofs (Region Nord) wies Pfarrerin Barbara Weichert auf den Gottesnamen in hebräischen Buchstaben an der hohen Decke im Altarraum hin. Leo Uebelacker, Chronist auch des jüdischen Lebens in Zeitlofs, lud zu einem informativen Erkundungsgang durch den Ort ein: Gelesenes wurde greifbar. In Lohr (Region Süd) nutzten Interessierte den Empfang am Sonntag mit Dekan Till Roth und den Dienstagstreff mit Pfarrer Michael Kelinske für einen Rundgang durch die Ausstellung. Geladene Gäste aus der israelitischen Gemeinde Würzburg mussten aus Termingründen leider absagen. „Bringen Sie die Ausstellung auch in die Schulen“, bat Frau Ruth Steger, dritte Lohrer Bürgermeisterin, eindringlich.
Die Ausstellung erreichte insgesamt rund 200 Menschen. "Es wurde wirklich deutlich, wie über viele Jahrhunderte die jüdische Geschichte auch unsere ist. Ich weiß nicht, ob das so im allgemeinen Bewusstsein Platz gefunden hat", resümierte ein Herr. Neben regem Interesse gab es vereinzelt Äußerungen, die auf Informationsbedarf schließen lassen. Die Notwendigkeit, der unreflektierten Verwendung antijüdischer Klischees zu begegnen, zeigt, dass kirchliche Projekte wie dieses einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen haben und den Zeitaufwand wert sind.
Info: Die Ausstellung „Aschkenas – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ kann bei Pfr. Hermann Spingler, Ev.-Luth. Pfarramt Heilig Kreuz, Ansbach, pfarramt@heiligkreuz-ansbach.de ausgeliehen werden.